DePuy-Firmenvertreter als Operateur?

Für das Ministerium für Justiz, Arbeit, Soziales und Gesundheit des Saarland scheint es normal zu sein, dass erste Operationen mit dem ASR-Prothesenmodell der Firma DePuy nicht gelingen und die Patienten danach lebenslang unter  gesundheitlichen Schäden durch die Prothese leiden müssen. Normal scheint für das Ministerium auch, dass bei den ersten Operationen mit dem ASR-Hüftprothesenmodell von DePuy ein Medizinprodukteberater der Firma im OP anwesend ist. Sind die DePuy-Firmenvertreter Operateure?

Von der ASR-Hüftprothese der Firma DePuy ist bekannt geworden, dass die Verantwortlichen des Medizinprodukteherstellers bereits 2007 über Probleme mit dem ASR-Hüftprothesenmodell informiert worden waren. Dennoch wurde die fehlerhafte Prothese weiter in Patienten implantiert.

Nach einem Bericht des ARD-Magazins Panorama am 26.05.2016 lag den DePuy Managern konkrete Hinweise über zu hohe Versagensraten der ASR-Prothese vor. Ihr Rat an die Außendienstmitarbeiter war, die Kritik „im Keime zu ersticken“. Nach einem dem Magazin vorliegenden Mailverkehr wurde in der Führungsetage von DePuy durchaus überlegt, Verbesserungen an der Prothese durchzuführen, um so die Sicherheit der Patienten zu erhöhen und die Gefahr eines Versagens der Prothese zu minimieren. Diese Pläne wurden jedoch „aus betriebswirtschaftlichen Gründen“ verworfen. DePuy nahm die ASR-Prothese dann erst 2010 offiziell vom Markt.

Eine besonders unrühmliche Rolle spielte bei der Affäre das Ministerium für Justiz, Arbeit, Soziales und Gesundheit des Saarlands. Aufgabe des Ministeriums ist es eigentlich, die Vorkommnissen mit Medizinprodukten nach deren Markteinführung nachzugehen und die Patienten zu schützen. Doch am 18. März 2009 ging ein Schreiben des Ministeriums beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte ein, in welchem zum Ausdruck gebracht wird, dass mit der ASR-Prothese alles in Ordnung sei. Diese Einschätzung basierte auf einem Gespräch zwischen Ministerium und Vertretern von DePuy. Das Ministerium schreibt:

Nach einer Firmenpräsentation über die Johnson&Johnson Company wurden die Antworten zum Fragekatalog des LUA von der Firma DePuy wie folgt erläutert: …

Als Fazit schreibt das Ministerium

Bedingt durch die OP-Technik gibt es ein Versagen des Systems überwiegend bei der ersten Operation, die ein Operateur mit dem System durchführt. Deshalb hat der deutsche Vertreiber verschiedene Mechanismen eingebaut, die den Operateur bei der ersten Operation unterstützen sollen (Lernzentrum für die Operateure,  ein Medizinprodukteberater von DePuy ist bei der ersten Operation immer anwesend).

Das Ministerium behauptet nach dem Gespräch mit DePuy also, dass es nur dann Probleme mit der ASR-Prothese gibt, wenn ein Operateur zum ersten Mal eine solche OP durchführt. Für das Ministerium scheint es völlig normal zu sein, dass die Patienten, die das Pech haben, an einen Operateur zugeraten, der das ASR-Prothesenmodell zum ersten Mal implantiert, mit gesundheitlichen Schäden für den Rest ihres Lebens rechnen müssen.

Man muss auch die Frage stellen, was denn ein Medizinprodukteberater von DePuy bei einer Operation im OP verloren hat. Erklärt er dem Operateur live, wie er die Prothese zu implantieren hat? Führt er ihm vielleicht die Hand oder operiert die schwierigen Stellen selber und der Arzt schaut zu, um sich die Technik für die zweite Operation abzuschauen?

Das ganze Schreiben wirkt, wie von den Vertretern von DePuy dem Ministerium in die Feder diktiert. Das Bestreben des Briefeschreibers, DePuy rein zu waschen, erscheint so offensichtlich, dass sich die Frage nach dem „WARUM“ aufdrängt.

Weiter schreibt das Ministerium dem BfArM, dass die Einschätzung des BfArM

…dass zum gegenwärtigen Kenntnisstand die Anwendungssicherheit des ASR-Systems nicht in ausreichendem Maße gewährleistet zu sein scheint, wird vom Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz als der zuständigen Überwachungsbehörde aufgrund der Unterlagen, die der deutsche Vertreiber bei der Besprechung am 03.03.2009 vorgelegt hat, nicht geteilt (wird).

 

Auf genau dieses Schreiben haben sich dann Gerichte im Saarland berufen, um Klagen von Betroffenen gegen DePuy abzulehnen.

 

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