Prothesenregister und Zulassungspraxis

Prof. Volker Ewerbeck, Direktor der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, fordert vor der Markteinführung von Medizinprodukten wie Hüftprothesen

„eine Behörde (…), die nur solche Medizinprodukte zulässt“,

die sicher sind. Er fordert außerdem die Einrichtung eines verpflichtenden Melderegister, in welchem verbindlich alle relevanten Daten zusammen geführt und ausgewertet werden. Die Auswertungen müssen dann öffentlich zugänglich sein.

Das bestehende Meldesystem ist unsicher

Prof. Ewerbeck kritisiert, dass

„das bestehende Meldesystem … leider nur eine ziemlich unsichere Datenlage (liefert), weil offensichtlich überhaupt nicht gemeldet wird.“

Er fährt fort, dass

„selbst den Firmen, die eigene Auswertungen fahren, (…) vieles durch die Lappen gehen (dürfte). Wir haben da eine riesige Dunkelziffer. Ich hoffe, dass da jetzt endlich das Endoprothesenregister greifen wird.“

Quelle: Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell, Z Orthop Unfall 2011; 149(05): 500, DOI: 10.1055/s-0031-1291993, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bewährte Prothesen ein Problem für Hersteller

Medizinproduktehersteller leiden an ihrem eigenen Erfolg. Denn die vor ca. 20-25 Jahren entwickelten Hüftprothesenmodelle haben zwischenzeitlich eine Standzeit im Körper der Patienten von über 15 Jahren erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass 90 Prozent der Patienten, die eine Hüft-TEP (Hüftendoprothese) bekommen, haben ihre Prothese im Durchschnitt 15 Jahre behalten können. Die Langlebigkeit der Prothese wird jedoch für die Hersteller zunehmend zum Problem. Wenn die Prothese so gut funktioniert, werden keine neuen benötigt. Und auch bei Neuoperationen dürfte die Implantation von bewährten Prothesenmodellen sinnvoll sein. Doch Gewinne erzielen die Hersteller von Medizinprodukte vor allem mit Neuentwicklungen, die in rascher Folge auf den Markt kommen und die „veralteten“ ersetzen.

Innovationsdruck contra Patientensicherheit

Neue Prothesenmodelle müssten demnach eigentlich nachgewiesenermaßen besser sein als die bisherigen. Sonst machen sie keinen Sinn und die Implantation wäre medizinisch nicht zu rechtfertigen. Doch wie sollen die Sicherheit und Standzeit von neuen Prothesen getestet werden? Eigentlich müssten sie Testphasen in Patienten durchlaufen, bei denen festgestellt werden kann, welche Probleme entstehen und wie lange sie funktionieren. Das würde Neuerungen bei Prothesen jedoch nahezu unmöglich machen.

Hersteller versuchen, sich mit Surrogatparametern zu behelfen. Dabei werden bestimmte Kriterien zur Sicherheit und Langlebigkeit des Prothesenmodells definiert und im Labor getestet. Werden die Kriterien durch die Tests bestätigt und vom Hersteller als gegeben oder erreicht festgestellt, geht der Hersteller davon aus, dass die Prothese auf den Markt gebracht werden kann. Die tatsächlichen Langzeittests finden dann nach Markteinführung am lebenden Patienten statt, der in der Regel nicht darüber informiert ist, dass ihm ein neues, noch nicht langzeitlich getestetes Modell implantiert bekommen soll und er als Versuchskaninchen missbraucht wird.

Das Versagensrisiko trägt der Patient

Professor Volker Ewerbeck, Direktor der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie an der Universitätsklinik Heidelberg, führte bei einem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin aus

„Wir hatten in den letzten Jahren mehrere Fälle von Endoprothesen, die den Langzeittest nicht bestanden haben“.

Die Modelle, welche sich im Patienten nicht bewähren, müssen in der Regel explantiert werden. Häufen sich die die „Versager“, wird die Prothese vom Hersteller zurück gerufen und vom Markt genommen. So geschehen bei der ASR-Prothese der Firma DePuy, einer Tochter von Johnson&Johnson. Mit den Folgen der Re-Operation und den gesundheitlichen Schäden, die durch die nicht funktionierende Prothese beim Patienten verursacht wurden, bleibt der Betroffen allein. Hat er noch die Kraft und die Nerven, klagt er gegen den Hersteller auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der eigentlich unnötigen Re-Operation. Doch ist er in diesem Fall juristisch, finanziell und persönlich-emotional in einer denkbar schlechten Situation.

(Quelle)

Kommentar
Der Forderung nach einem einheitlichen, unabhängigen und nicht von den Herstellern von Medizinprodukten finanzierten zentralen Prothesenregister kann nur zugestimmt werden. Seit Jahren weist die Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen darauf hin, dass die seit Jahren andauernde Verschleppung der Einrichtung eines solchen Registers, Patientinnen und Patienten massiv gefährdet. Dies zeigen die Erkenntnisse aus den zentralen und unabhängigen Prothesenregistern in anderen Länder. Aus diesen Erfahrungen müssen nun endlich die auf der Hand liegenden Schlüssen gezogen werden und konkrete Schritte zur Einrichtung eines einheitlichen und zentralen Prothesenregisters in Deutschland auf den Weg gebracht werden. Wir fordern die Bunderegierung deshalb auf im Interesse eines verbesserten Patientschutzes endlich zu handeln!
1 Kommentar
  1. Dxxx, Barbara
    Dxxx, Barbara sagte:

    Mein Ehemann hat seit 2002 und 2007 zwei Hüftprothesen. Nach Recherchen handelt es sich um Stykerprodukte, die selbstverständlich nicht (nach Auskunft des operienden Krankenhauses) schädlich sind. Unser Hausarzt lehnt eine Blutuntersuchung, auf Chrom, Kobald und Titan ab, da dieses nichts bringt (nach seinen Angaben) und eine Biopsie erfolgen muss um verwertbare Ergebnisse zu erlangen!! Meinem Mann geht es(62 Jahre) insgesamt körperlich gar nicht gut, der ganze Körper schmezt und Bewegungen werden mittlerweile
    immer schwieriger. Wir sind sehr skeptisch geworden. Über andere Erfahrungsberichte würden wir uns sehr freuen.
    Grüsse aus Köln
    Theo und Barbara Dxxx

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