EPRD – Mogelpackung ohne Mehrwert!

Im April 2011 wurde das Deutsche Endoprothesenregister (EPRD) auf den Weg gebracht. „Wesentliche Grundlage für den Erfolg eines Registers ist aus Sicht der Industrie, dass es sich insgesamt um ein unabhängiges, bei der Fachgesellschaft angesiedeltes Register handelt und die ausgewerteten Daten durch die Sicherstellung der Neutralität eine entsprechende Aussagekraft haben“,  betont BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt auf der Pressekonferenz „Start des Endoprothesenregisters“ (Endoprothesenregister Deutschland – EPRD) am 6. April 2011 in Berlin. Ein Grund zur Freude für Patienten, die von fehlerhaften Hüft- oder Knieprothesen betroffen sind?

Unheilige Verquickung

Weit gefehlt. Denn BVMed, eine 100% Tochter der bundesweiten Interessengemeinschaft der Ärzte, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC),  ist eine Vereinigung von Ärzten, Medizinprodukteherstellern sowie AOK und Ersatzkassen. BVMed  ist der Bundesverband der Medizintechnologie, eine Interessenvereinigung, in welcher sich die führenden Medizinproduktehersteller zusammen geschlossen haben, um ihre Interessen zu organisieren.

In der Satzung der BVMed steht in § 2, Absatz 1 „Zweck“:

„Der Verband dient als Wirtschaftsverband der Förderung und Vertretung der gemeinsamen Interessen der Industrie- und Handelsunternehmen der Medizintechnologie.“

Und auf der BVMed Verbandswebseite steht:

„Der BVMed vertritt als Wirtschaftsverband über 230 Industrie- und Handelsunternehmen der Medizintechnologiebranche. Im BVMed sind unter anderem die 20 weltweit größten Medizinproduktehersteller im Verbrauchsgüterbereich organisiert.“

Zu diesen gehören auch Zimmer Germany GmbH und DePuy Orthopädie GmbH.

Reine Lobbyarbeit statt Patientenschutz

Von Neutralität hier also keine Spur. In vielen Ländern weltweit fallen die zentralen Prothesenregister dagegen, wie beispielsweise das NJR (National Joint Registry) in Großbritannien, in die Zuständigkeit der jeweiligen Gesundheitsministerien, öffentlichen und demokratisch legitimierten und kontrollierten Institutionen. Und nicht in die einer Lobby-Vereinigung und Interessengemeinschaft der Medizinproduktehersteller wie in Deutschland.

„Die Produktdaten der Unternehmen bilden gemeinsam mit den Qualitätssicherungsdaten der Kliniken und den Abrechnungsdaten der Krankenkassen die Grundlage des Registers. Und weiter geht aus der Presseerklärung der BVMed hervor, dass „die BVMed-Unternehmen (…) jeweils am Ende des Jahres einen kompletten Bericht (Jahresbericht) von der Registerstelle über die Leistung ihrer Produkte“ erhalten. Das heißt, Daten und Erkenntnisse daraus stehen ausschließlich den Herstellerfirmen zur Verfügung. Was nur logisch ist, da „die Unternehmen (…) die Finanzierung des EPRD“ übernehmen. Clever gemacht von den Unternehmen. Denn so erhalten sie die ihnen bisher fehlenden oder nur aufwendig zu beschaffenden Daten von Krankenhäusern und Krankenkassen kostengünstig frei Haus geliefert“.

Daten ohne Aussagekraft

Doch selbst diese so gesammelten Daten sind mit Vorsicht zu genießen und in ihrer Aussagekraft fragwürdig. Denn sinnvoll wäre, alle Hersteller zur regelmäßigen Abgabe der erforderlichen Informationen und Daten zu verpflichten. Doch die Bestückung des Registers mit Informationen ist freiwillig. „Wir können nicht sagen, wie viele Probleme wir mit Endoprothesen in Deutschland haben“, sagt Professor Dr. Michael Morlock, Direktor des Instituts für Biomechanik an der TU Hamburg, auf einer BVMed-Veranstaltung in Berlin. „Jeder kann derzeit behaupten, was er will, da es keine harten belastbaren Daten gibt. Das kann nur ein verpflichtendes Register ändern.“ Morlock fährt fort, dass es „fast peinlich“ sei, dass es nur für ein freiwilliges gereicht hat. Das habe seiner Meinung nach „eine sehr geringe Aussagekraft“.

Auch Prof. Nikolaus Böhler, Vorstandsmitglied der Europäischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie hält nichts von dieser Freiwilligkeit. Nur ein Pflichtregister führt zu einem Benchmark der Kliniken und der Industrie. Dadurch werden auf allen Seiten bessere Leistungen erbracht“, ist er überzeugt.

Und wenn nicht mindestens 97% aller Fälle dokumentiert würden, sei das Ergebnis nichts wert, führt Prof. Dr. Böhler auf der Health&Care Management“ Webseite weiter aus.

Wirtschaftliche Interessen vor Patientensicherheit

Für das Bundesgesundheitsministerium in Berlin haben die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen Vorrang vor dem Schutz und der Hilfe für betroffene Patienten. Gibt man auf der BMG Homepage den Begriff „Prothesenregister“ in die Suchmaske ein, erzielt man keinen Treffer.

8 Kommentare
  1. Elke Mxxx
    Elke Mxxx sagte:

    Hallo,
    ich bin seit 16.02.2017 ein Zimmer Knieprothesenträgerin. Seit ich die ersten Bewegungsübungen mache, kann ich nicht die Beugung erreichen, die ich nach Ärzten und Physiotherpeuten haben sollte.
    Mein Knie wurde vor der OP aus drei Richtungen geröngt. Weil man mir eine Maßgefertigte bestellen wollte.
    Mein jetziger Physiotherpeut und ich, sind zu dem Ergebnis nach dieser Zeit gekommen, dass die Prothese zu groß für mich ist. Weil ich nicht mehr wie 85 ° Beugung erziele. Schmerzen habe ich auch oberhalb und unterhalb des Kniegelenkes, sowie in der Kniekehle. Ds hat sich seit der OP auch nicht groß geändert.
    Ich denke, bei mir hat hier das Vorfeld so wie die Nachbehandlung fehl geschlagen. Der Ärztin an sich kann ich für Ihre Arbeit groß nicht die Schuld geben. Oder wie denken Sie hier im Forum?

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  2. Walter Dxxx
    Walter Dxxx sagte:

    Welche Knieprothese + welches Krankenhaus – ist empfehlenswert ?

    Vom Krankenhaus wird mir die Knieprothese der Fa. Zimmer (PSI empfohlen,die mit einer vorgefertigten Knieschablone hergestellt wird.Daddurch soll die OP-Zeit um 50% reduziert werden
    Mir fehlt des Vertrauen in das Produkt wenn ich die Berichte lese.

    Welche Knieprothesen werden von den führenden Krankenhäusern
    ( Heidelberg / Endoklinik Hamburg ) eingesetzt ?

    Welche Krankenhäuser- haben Erfahrung und bieten gute Qualität bei den Knieprothesen die individuell hergestellt werden nachdem das Knie per MRT „vermessen “ wurde ?

    Danke für feed back.

    Mit freundlichen Grüßen Walter Dxxx

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    • Theo Txxx
      Theo Txxx sagte:

      Hallo, eine Spitzenklinik ist sicherlich die Schloßklinik Werneck. Ansonsten bin ich mit dem Klinikum Aschaffenburg Professor Friedl absolut zufrieden.
      Theo

      Antworten
    • Theo Txxx
      Theo Txxx sagte:

      Hallo, eine Spitzenklinik ist sicherlich die Schloßklinik Werneck. Ansonsten bin ich mit dem Klinikum Aschaffenburg Professor Friedl absolut zufrieden.
      Theo

      Mit einem P>rodukt der Fa. Zimmer wäre ich sehr vorsichtig. Habe im Juni 2015 in Sommerfeld diese Prothese als Austausch
      erhalten und bereits im Sept. begannen die Schmerzen. Im April wurde dann im Klinikum Aschaffenburg per Szintigraphie die Lockerung festgestellt. Prothese wird im Mai gewechselt.
      Mein Klinikum bleibt nun obwohl ich mittlerweile im Raum Berlin wohne, Aschaffenburg.

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  3. anonym
    anonym sagte:

    Kann mir jemand einen Rat geben?

    Ich habe am 15.02.2011 mein 1. Knie-TEP von Zimmer bekommen. Seit Januar 2012 (nicht mal nach einem Jahr) habe ich starke Beschwerden und angeblich muß nun das Inlay erhöt werden, weil das Knie sehr instabil ist.
    Ich frage mich nun, hat hier der Operateur gepfuscht oder war die Prothese minderwertig?

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  4. Stephan Fxxx
    Stephan Fxxx sagte:

    Hallo! Ich selbst habe aktuell 2 Endoprothesen der Firma Zimmer erhalten, 1.OP am16.01.2012, 2. OP. am27.03.2012. Ich habe zu meinem Werdegang einen Blog und verfolge natürlich die aktuellen Diskussionen. Gestern die Berichte im TV wie der bei der ARD-Sendung Monitor verunsichern künftige und aktuelle Endoprothesenträger zusätzlich. Ich würde mich freuen, bei der Aufklärung Hilfestellung geben zu können, ebenso freue ich mich auf Informationen, die für meine Leser interessant sein könnten. Ich freue mich auf die Kontaktaufnahme. Man erreicht mich, aktuell im OKB Braunfels, über meinen Blog http://www.stephanfrank.blogspot.com oder per Email sxxx.com.

    Gruß Stephan Fxxx

    Antworten
  5. Dr. Manfred Sxxx
    Dr. Manfred Sxxx sagte:

    Es bleibt zu hoffen, dass aus dem freiwilligen Endoprothesenregister langristig ein Pflichtregister entsteht. Nur dann können sowohl die zahlenden Hersteller aber auch die betroffenen Patienten profitieren. Indem nämlich nicht gut funktionierende Endoprothesen ersichtlich werden, aber auch „schwarze Schafe“ unter den Operateuren erkenntlich werden. Jedes Endoprothesenmodell sollte nach 10 – 20 Jahren eine Ueberlebensrate von 95+% aufweisen !
    Nur mit solchen Implantaten sollten Patienten versorgt werden, um die erhoffte Lebensqualität geniessen zu können.
    Das war schon in den 1980er Jahren mein langgehegter Traum in der
    30-jährigen Zusammenarbeit mit dem Orthopäden Prof. H. G. Willert in Göttingen.

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  6. Manfred Bxxx
    Manfred Bxxx sagte:

    Liebe Vertreter der Selbsthilfegruppe,
    der BVMed vertritt die Hersteller von künstlichem Gelenkersatz. Die Unternehmen haben sich bereit erklärt, die notwendige Produktdatenbank für das Endoprothesenregister aufzubauen und zu betreuen.
    Bei den Erfahrungen mit Registern aus anderen Ländern sind zwei Punkte auffällig. Erstens: Register funktionieren gut, wenn sie von den medizinischen Fachgesellschaften, also den Ärzten, betrieben werden. Zweitens: Register tragen nur dann signifikant zu einer Qualitätsverbesserung bei, wenn die Revisionsgründe erfasst werden. Diese Voraussetzungen werden durch das EPRD erfüllt. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass das Register künftig zum Wohle der Patienten wichtige Erkenntnisse liefern wird.
    Manfred Beeres, Leiter Kommunikation, Bundesverband Medizintechnologie – BVMed

    Antworten

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