Jetzt wird alles besser – sagt Jens Spahn

Das Implantatregister – Wird jetzt alles besser?

„Das Implantateregister ist ein wichtiger Schritt für mehr Patientensicherheit. Patienten sollen sicher sein können, dass Implantate höchsten Qualitätsansprüchen genügen und sie bei Problemen mit Implantaten schnell informiert werden. Zudem sorgen wir dafür, dass Patienten schneller Zugang zu neuen Therapien bekommen. Sie sollen wissen: Wenn es möglich ist, ihre Behandlung zu verbessern, fällt die Entscheidung sorgfältig, aber auch mit der nötigen Dringlichkeit“, so Jens Spahn auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums.

Glaubt man seinen Worten, so wird in der Tat einer seit langem vorgebrachten Forderung der SHG nach einem unabhängigen Prothesenregister entsprochen. Der Ansatz ist gut und richtig und mehr als überfällig. Und das Bemühen zumindest eine der vielen Schwachstellen bei der Patientensicherheit zu reparieren ist lobenswert. Nach den Worten des Bundesministeriums wird durch das Gesetz zur Errichtung eines Implantateregisters Deutschland (Implantateregister-Errichtungsgesetz – EIRD) …

„…die Sicherheit und Qualität von Implantationen für gesetzlich und privat Versicherte(…) künftig (…) verbessert. Der Deutsche Bundestag hat am 26. September 2019 in 2./3. Lesung das „Gesetz zur Errichtung eines Implantateregisters Deutschland und zu weiteren Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ (Implantateregister-Errichtungsgesetz, EIRD) beschlossen. Das Gesetz regelt zudem, dass neue Therapien schneller in die Versorgung kommen. Dazu sollen Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beschleunigt werden.“(Quelle)

Weiteres Vorgehen

Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ist als zentrale Datensammelstelle vorgesehen. Die Unabhängigkeit des RProthesenregisters soll auch nach der Fusion des DIMDI mit dem BfArM sichergestellt sein. Beim Robert Koch-Institut wird dazu eine unabhängige Vertrauensstelle eingerichtet, die alle Daten verschlüsselt und anonymisiert.

Gesundheitseinrichtungen, gesetzliche und private Krankenversicherungen und Patienten werden in dem Entwurf zur Errichtung des Prothsenregisters gleichermaßen verpflichtet, Daten im vorgegeben Umfang und in der Vorgeschriebenen Form einzureichen. Die Hersteller müssen ihre Produkte künftig in der Produktdatenbank des Registers zu registrieren. Melder die Hersteller ihre Produkte nicht im Prothesenregister, sollen sie keine Erstattung dafür von den Krankenkassen mehr erhalten, es sei denn, sie melden das Produkt innerhalb von sehcs Monaten nach.

Die Auswertung der eingereichten Daten erfolgt jährlich durch die registrierstelle und das BfArM und soll öffentlich abrufbar sein.

Die Position der SHG

Seit vielen Jahren fordert die Durom-Selbsthilfegruppe die Einrichtung eines zentralen, unabhängigen und verbindlichen Prothesenregisters für Deutschland. Das Endoprothesenregister Deutschlands (EPRD) war und ist nach Auffassung der SHG eine Mogelpackung, weil es den Akteuren selbst überlassen bleibt, ob sie Daten einreichen oder nicht. Außerdem nehmen die privaten Krankenversicherer nicht teil und nur einige der gesetzlichen. Wirft man einen Blick auf die Zielsetzungen des EPRD, fällt auf, dass unter der Fragestellung „Wer profitiert vom EPRD?“ zwar aufgeführt ist, dass „die Öffentlichkeit (…) über die Qualität der Versorgung informiert“ wird, nicht aber über die Qualität der Medizinprodukte selbst. Wichtig wären jedoch Informationen über die Qualität der Medizinprodukte!

Prothesenregister Deutschland 2019

Ein zentrales Prothesenregister in Deutschland soll kommen. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt:

„Die Sicherheit und Qualität von Implantationen für gesetzlich und privat Versicherte wird künftig durch das Register verbessert. Der Deutsche Bundestag hat am 26. September 2019 in 2./3. Lesung das „Gesetz zur Errichtung eines Implantateregisters Deutschland … (EIRD) beschlossen.“

Na, endlich, könnte man ausrufen. Das längst überfällige Gesetz zur Errichtung eines deutschen unabhängigen Prothesenregisters ist auf dem Weg. Doch Skepsis scheint angebracht. Denn in der Vergangenheit stellten sich groß angekündigte Verbesserungen für die Patienten schnell als Mogelpackungen heraus, die eher als Imagekampagne für die Hersteller von Medizinprodukten eingestuft werden mussten denn als Verbesserungen für Patientinnen und Patienten. So war das Endoprothesenregister Deutschlands zwar medienwirksam als großer Schritt für mehr Patientensicherheit angepriesen worden, es erwies sich jedoch bald als Rohrkrepierer.

Was bringt das Prothesenregister Deutschland?

Wenn das neue Prothesenregister die Patientensicherheit tatsächlich erhöhen soll, muss es nach Auffassung der SHG folgende Kriterien erfüllen:

  1. Unabhängigkeit
  2. Verbindlichkeit
  3. Einheitlichkeit
  4. Zugänglichkeit

Zu 1. Unabhängigkeit

Die Finanzierung darf nicht durch die Hersteller oder anderer Akteure mit Eigeninteressen erfolgen. Eine ausreichende finanzielle Ausstattung durch den Bund und die Länder ist erforderlich, um die Unabhängigkeit des Registers von einzelnen Interessensgruppen zu gewährleisten. Beim bisherigen EPRD handelt es sich um ein Register, welches den Interessen der Hersteller dient und nach Einschätzung der SHG keine positiven Auswirkungen auf die Patientensicherheit hat. Denn die Daten werden freiwillig von Herstellern und einigen gesetzlichen Krankenkassen und Krankenhäusern geliefert. Eine Pflicht zur Einreichung der Daten besteht selbst für diese nicht. Und die privaten Krankenversicherungen haben von vorne herein abgewunken, da sie den zusätzlichen Verwaltungsaufwand nicht übernehmen wollen. Somit ist die Aussagekraft der jährlichen Auswertungen auf Grundlage dieser unsicheren Datenbasis begrenzt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auswertungen nur den Medizinprodukteherstellern zugänglich sein sollen und nicht der Öffentlichkeit, Patienten profitieren somit nicht vom EPRD.

Zu 2. Verbindlichkeit

Die Datensätze müssen von allen Akteuren des Gesundheitswesens wie Krankenhäusern, Herstellern, Krankenkassen, etc. verpflichtend und vollständig geliefert werden. Umfang und Art der Daten, die geliefert werden müssen, muss vereinheitlich und verbindlich vorgegeben sein.

Zu 3. Einheitlichkeit

Die Datensätze müssen nach vorgegebenem und vereinheitlichen Standard aufbereitet und in digital verarbeitbarer Form angeliefert werden. Dabei sind die Bestimmungen der DSGV zu beachten.

Zu 4. Zugänglichkeit

Die Daten müssen jährlich ausgewertet und veröffentlicht werden. Die Öffentlichkeit muss das Recht haben, jeder Zeit auf die Ergebnisse zuzugreifen. Nicht nur Hersteller dürfen Zugang zu den Jahresberichten haben, sondern vor allem auch die Patienten.

Die Prüfung dauert gegenwärtig noch an. Einen eigenen Eindruck kann man sich unter den folgenden Links verschaffen:

Fehlerhafte Medizinprodukte – doch wen kümmert’s?

Helles Entsetzen über unsichere Medizinprodukte herrscht nach den Veröffentlichungen der ImplantFiles über fehlerhafte Medizinprodukte im Herbst 2018. Der Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hat (wieder einmal) gravierende Mängel bei der Sicherheit von Medizinprodukten festgestellt. Selbst der Bundesgesundheitsminister fühlte sich dieses Mal bemüßigt, mehr Patientenschutz zu versprechen und öffentlich die Schaffung eines unabhängigen, verbindlichen und zentralen Prothesenregisters für Deutschland anzukündigen.

Solche Ankündigungen der jeweiligen Bundesgesundheitsminister und Bundesgesundheitsministerinnen gab es bei jedem neuen Skandal seit Jahren regelmäßig. Doch mit dem Abklingen des Hypes in den Medien schliefen auch die vollmundig versprochenen Verbesserungen im Patientenschutz wieder ein und wurden still und leise zu Grabe getragen. Genau wie betroffene Patienten, die durch  Medizinprodukte einen verfrühten Tod erlitten.

Die SHG fordert deshalb erneut:
  1. Schaffung unabhängiger Zulassungsbehörden für Medizinprodukte!
  2. Kein Missbrauch von Patienten als kostenlose Versuchskaninchen, sondern gesetzlich vorgeschriebene und überwachte sowie unabhängige Prüfung von Medizinprodukten vor Markteinführung!
  3. Schaffung eines zentralen und unabhängigen Prothesenregisters für Deutschland!
  4. Stärkung des BfArM durch Übertragung der Zuständigkeit für den Patientenschutz bei auftretenden Problemen mit Medizinprodukten nach Markteinführung!

In der Vergangenheit wurde von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums immer wieder die Einrichtung eines unabhängigen Prothesenregisters für Deutschland angekündigt. Und zwar immer dann, wenn wieder einmal ein Skandal um Medizinprodukte an die Öffentlichkeit kam. Doch außer verbalem Diarrhö und Wegducken der Verantwortlichen geschah bis heute nichts.

Nichts-Tun bei der Frage eines zentralen und unabhängigen Prothesenregisters hat in Deutschland Tradition: Schon vor zwölf Jahren sollten Operationen mit künstlichen Gelenken in einem bundesweiten Register erfasst werden. Doch bis zum Spahnschen Gesetz  zur Errichtung eines unabhängigen Prothesenregisters im September 2019 gab es nur die von den Herstellern als Prothesenregister verkaufte Mogelpackung des EPRD. Die Nichts-Tuer sitzen und saßen im Bundesgesundheitsministerium: vor 12 Jahren war Ulla Schmidt (SPD) Bundesgesundheitsministerin, dann kamen Philipp Rösler (FDP), Daniel Bahr (FDP) und Hermann Gröhe (CDU). Alle sonderten beim Thema zentrales und unabhängiges Prothesenregister nur leere Sprechblasen ab. Ein Skandal! Findet die SHG. Und nicht nur die!

 

Auszeichnung für ImplantFiles

Auszeichnung für die ImplantFiles. Die Journalisten der Implant Files wurden mit dem Award for Excellence in Health Care Journalism 2018 ausgezeichnet.

Ihre Rechercheergebnisse der ImplantFiles haben im Herbst 2018 die Verbraucher aufgeschreckt. Der internationale Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hatten erschreckende Beispiele von fehlerhaften Medizinprodukten, die in Patienten implantiert wurden, zusammen getragen. Als Hauptgrund für das  Versagen der Implantate nennen die Journalisten das Konformitätsverfahren der EU. Bei diesem beauftragen die Hersteller eine sogenannte Benannte Stelle mit der Prüfung der Unterlagen. Die Unterlagen stammen ausschließlich vom Hersteller. Geprüft wird nicht, ob das Produkt Patienten gefährlich werden könnte, sondern nur, ob bei der Herstellung des Medizinproduktes die Vorgaben und Richtlinien der EU eingehalten wurden. Am Ende steht das CE-Kennzeichen, welches alle Produkte eingeholt werden muss, die in Europa verkauft werden sollen. Das CE-Kennzeichen gilt für  Medizinprodukte genauso wie für Haushaltsgeräte, Spielwaren, etc.. 

Entscheidungsträger

Leider haben die Ergebnisse der ImplantFiles die verantwortlichen Entscheidungsträger nicht aufgeschreckt. Denn bis heute hat sich nicht viel bis gar nichts getan. Nichts-Tun hat Tradition: Schon vor zwölf Jahren sollten Operationen mit künstlichen Gelenken in einem bundesweiten Register erfasst werden. Doch bis heute gibt es außer der von den Herstellern als Prothesenregister verkauften Mogelpackung keine systematische und verpflichtende Erfassung der Implantate. Die Nichts-Tuer sitzen und saßen im Bundesgesundheitsministerium: vor 12 Jahren war Ulla Schmidt (SPD) Bundesgesundheitsministerin, dann kamen Philipp Rösler (FDP), Daniel Bahr (FDP) und Hermann Gröhe (CDU) und nun Jens Spahn. Alle waren offensichtlich nicht in der Lage, ein zentrales, unabhängiges und für mehr Patientensicherheit sorgendes Prothesenregister in Deutschland auf den Weg zu bringen.

Lobbyismus zum Nachteil der Patienten

Über die Gründe für diese Verweigerungshaltung kann man nur spekulieren. Liegt es daran, dass Medizinproduktehersteller mit erheblichem finanziellen Aufwand Lobbyarbeit betreiben? Liegt es daran, dass es ein Interessengeflecht zwischen Gesundheitsministerium und Medizinprodukteherstellern gibt? Liegt es daran, dass Patienten weder über Lobbyisten noch millionenschweren Etats verfügen? Liegt es daran, dass sich Patientensicherheit für Entscheidungsträger nicht „lohnt“?

Der aktuelle Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat nun wieder einmal die Einrichtung eines zentralen, beim DimDi (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) angesiedelten unabhängigen Prothesenregisters angekündigt: Herr Spahn, die Betroffenen warten darauf, dass Sie Worten nun endlich Taten folgen lassen!

Lesetipps: 
  • Katrin Langhans u.a.: Gefahr im Körper. Das riskante Geschäft mit der Gesundheit. Implant Files. Süddeutsche Zeitung Verlag 2018; 22 €
  • Eckart Roloff, Karin Henke-Wendt: Geschädigt statt geheilt – Große deutsche Medizin- und Pharmaskandale. Hirzel 2018; 22 €

Kommt nun richtiges Prothesenregister?

Nun kommt es vielleicht doch – das verpflichtende und unabhängige Prothesenregister für Deutschland.

Wie Print- und Bildmedien berichten, sollen Implantate wie Hüftprothesen und Schrittmacher nun endlich auch in Deutschland zentral registriert werden. Ziel ist es, mehr Qualität und Sicherheit für Patienten zu erreichen.

Die Badische Zeitung schreibt am 04.04.2019: „Rufe nach schärferer Aufsicht waren etwa nach der 2009 in Freiburg publik gewordenen Einbauserie hunderter fehlerhafter Hüftprothesen … laut geworden“. Vertreter der Selbsthilfegruppe waren 2015 zu einem Gespräch mit dem damaligen Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie dem rechtspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion nach Berlin gereist, um ihre Forderungen zur Verbesserung der Patientensicherheit nach dem Freiburger Hüftprothesenskandal vorzubringen. Ihre Forderung nach einem unabhängigen staatlichen und zentralen Prothesenregister hat die SHG immer wieder sehr deutlich vorgebracht, auch auf der Homepage der Selbsthilfegruppe (zu den Artikeln hier klicken).

Am Mittwoch, 03. April 2019 beschloss das Bundeskabinett nun, eine verpflichtende staatliche Datenbank aufzubauen, in welche alle Implantate eingetragen werden müssen. Es soll das ERPD-Register, welches nach Auffassung der SHG als Mogelpackung von den Medizinproduktehersteller zur Beruhigung der Öffentlichkeit aus der Taufe gehoben wurde, ablösen.

„Dadurch wissen wir künftig, wer welches Implantat erhalten hat“, so Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Durch die Datenbank muss jedoch auch erkennbar werden, welche Implantate welche Fehlerquote aufweisen. „Es muss erkennbar sein, wem, wann, wo, wieso und wie welcher Gelenkersatz eingebaut wurde“, so Hanspeter Hauke, Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen e.V.. Und die Erkenntnisse dürfen nicht nur den Herstellern von Medizinprodukten zugänglich sein, sondern müssen öffentlich sein. Auch dies eine von der Selbsthilfegruppe seit langem vorgebrachte Forderung.

Angesiedelt werden soll das „Implantatregister Deutschland“ beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Dimdi), welches dem Bundesgesundheitsministerium untersteht. Wichtig wäre nun in einem nächsten Schritt eine klare Vorgabe der Informationen, die gemeldet und im Implantatregister eingetragen werden müssen mit Sanktionen, wenn dies nicht geschieht. Dies wäre ein Schritt zu mehr Patientensicherheit.

Erste Erkenntnisse zum Versagen der Duromprothese

Erste Erkenntnisse zum Versagen der Durom-Hüftprothese

Die Wissenschaftliche Auswertung von 350 fehlgeschlagenen Durom-Metasul-LDH-Hüftprothesen mit Durom-Azetabulumkomponente liegt nun vor. Dieses Prothesenmodell wurde in den Jahren 2003 bis 2008 weltweit ca. 80.000 mal implantiert. Allein in Deutschland geht man gesichert von über 1500 solcher Prothesen aus. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch, da der Hersteller Zimmer sich weigert, die Liste der mit der Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese belieferten Kliniken heraus zu geben. Im Lorettokrankenhaus in Freiburg sind jedoch ca. 850 bestätigt.

Unabhängiges Prothesenregister von Vorteil

Während in anderen Ländern wie den Skandinavischen oder in Australien, dank deren unabhängigen zentralen Prothesenregister die Probleme mit dem Durom-Prothesenmodell sowie dem ASR Prothesenmodell der Firma DePuy frühzeitig bekannt wurden, dauerte es in Europa im allgemeinen und in Deutschland im besonderen wesentlich länger bis Behörden und Verantwortliche auf die Gefahr aufmerksam wurden. Folge war, dass bei vielen Patienten ein Einbau der fehlerhaften Modells hätte unterbleiben können. Somit wären den Patienten viel Leid und Schmerzen erspart geblieben.

Ursachen für erhöhte Versagensrate

In der Auswertung wird davon ausgegangen, dass die signifikant erhöhte Revisionsrate auf eine systembedingte Schwachstelle bei Großkopfhüfttotalendoprothesen im allgemeinen und bei der Durom-Metasul-LDH-Hüftprothese der Firma Zimmer im besonderen hinweist. Besonders die Konusverbindung zwischen Kopf und Schaft stand im Verdacht, das Versagen der Implantate zu verursachen. In der Untersuchung wurde der frage nachgegangen, ob das Versagen der Prothesen auf ein tribologisches Problem oder auf das Versagen der Konusverbindung zurück zu führen ist.

Untersucht wurden die Serumkonzentrationen, Prothesentypen und Schaftlegierung von 315 betroffene Patienten mit 350 Durom-LDH-HTPs. Dabei wurde festgestellt, dass bei Patienten mit Titanschäften wie bei dem Durom-Metasul-Modell von Zimmer signifikant höhere Konzentrationen von Kobalt im Serum vorlagen. Auch war die Knochensubstanz dieser Patienten um das betroffene  Gelenk wesentlich stärker beschädigt.

Die Autoren D. Brauers und G. Pagenstert, beide Orthopädie Universitätsspital Basel in der Schweiz, sowie M. Rütschi, Chefarzt im Lorettokrankenhaus in Freiburg i.Br., schlussfolgern, dass die hohe Versagensrate durch ein Problem der Schaft-Konus-Verbindung verursacht wird. Dort würde durch Mikrobewegungen zwischen den einzelnen Teilen Abrieb entstehen, der zu den festgestellten Gesundheitsschädigungen bei den Betroffenen führen würde.

Für das Abstract: hier klicken

 

 

Deutsches Endoprothesenregister

Die Notwendigkeit war scheinbar erkannt worden: nach den guten Erfahrungen, die in vielen Ländern mit einem unabhängigen Endoprothesenregister gemacht wurden, sollte auch in Deutschland ein Prothesenregister eingeführt werden. So weit so gut.

Doch während in den skandinavischen Ländern beispielsweise die Teilnahme für Kliniken, Ärzte und Krankenkassen verpflichtend ist und es klare Vorgaben über Umfang und Art der Informationen gibt, ist die Teilnahme beim Deutschen Endoprothesenregister (EPRD) freiwillig. Die privaten Krankenversicherer haben ihr Teilnahme von vorne herein abgesagt, Patienten müssen zur Teilnahme überredet werden, Krankenhäuser verweigern ihre Teilnahme oder ziehen sie inzwischen wieder zurück. So weiß am Ende keiner, wer welche Infos eingegeben hat.

Weiterlesen

Gefährlicher Metallabrieb

Die Sendereihe „Defacto“ vom Hessischen Rundfunk recherchiert zu kritischen Themen und Skandalen. Am am 20 April 2013 greift die Reihe das Thema „fehlerhafte Medizinprodukte“ auf. Eine Patientin berichtet von ihrer Metall-auf-Metall Hüftprothese. Die Auswirkungen des lange nicht festgestellten Metallabriebs sind verheerend.

Nachdem sie eine künstliche Hüftprothese erhalten hatte, ging es ihr zunächst gut. Sie hatte keine Probleme. Doch dann kamen schreckliche Schmerzen. Bis ein Arzt ihre Schmerzen nicht als übertreiben abtat und ihr das Gefühl gab, eine Simulantin zu sein, vergingen Jahre des Leidens. Erst nach immer hartnäckigerem Nachfragen kam ein Arzt auf die Idee, dass ihre Schmerzen von der MoM-Prothese herrühren könnte. Er veranlasste eine Blutuntersuchung auf Chrom und Kobalt. Die Patientin hatte über 90-fach erhöhte Werte der giftigen und aggressiven Metalle Chrom und Kobalt.  Weiterlesen

Prothesenregister auch für Österreich

Auch in Österreich sind Patienten von dem fehlerhaften Hüftpothesenmodell der Firma DePuy betroffen. Der Skandal hat die Diskussion um ein verpflichtendes Prothesenregister auch in Österreich in Gang gebracht. Prim. Dr. Josef Hochreiter, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie fordert die Einrichtung eines Prothesenregisters für Österreich, um Fehlentwicklungen und Problemfälle rechtzeitig erkennen zu können. Über die konkrete Ausgestaltung eines solchen Registers äußert er sich jedoch nicht.

Zum Video

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Prim Dr Josef Hochreiter spricht von „Irritationen“, die durch die schlechte DePuy Prothese ausgelöst worden sei. Er empfiehlt eine Untersuchung der Blutionenkonzentration. Bei Überschreiten bestimmter Werte sei dem Patienten eine Revisions-Operation anzuraten. Insgesamt redet er das Problem des Metallabriebs und die Fehleranfällig der Metall-auf-Metall-Großkopfprothesen klein. Nach seiner Auffassung gäbe es nur eine Versagensrate von etwa 1,5%. Dabei bleibt es sein Geheimnis, wie er auf diesen Wert kommt. Bei Betrachten seiner Aussage im obigen Video bekommt man den Eindruck, dass er die Zahl 1,5% aus dem Bauch heraus schätzt. Konkrete Belege liefert er jedenfalls nicht.

Prothesenregister sehr sinnvoll

Ein Prothesenregister hält Dr. Hochreiter gleichwohl für „sehr, sehr sinnvoll“. Damit könnten nicht nur die besonders fehleranfälligen Modelle schneller erkannt werden, sondern Implantatversagen könne auch sehr viel schneller festgestellt werden. Eine Rückholaktion könne dann wesentlich schneller auf den Weg gebracht werden bevor viele der Modelle verbaut worden seien. Doch auch in Österreich sind nicht alle datenrechtliche Probleme gelöst. Dr. Hochreiter sieht das österreichische Implantatregister jedoch auf seinem guten Weg.

ImplantFiles – Versuch einer Welt-Datenbank

Die ImplantFiles von SDZ, WDR und NDR haben begonnen, eine erste Datenbank über das weltweite Versagen von Medizinprodukten zusammenzustellen. So löblich das Ansinnen sein mag, so riesig ist die Aufgabe, die unendlich scheinende Menge an Medizinprodukten in einer Datenbank aufzulisten.

Problem erkannt, aber nicht gebannt

Doch die Problemlage ist schon seit Jahren bekannt: die Einrichtung von nationalen, verpflichtenden und unabhängigen Protheseregistern trägt zur Sicherheit von Patienten bei und kann dem Gesundheitssystem Millionenbeträge an Kosten für unnötige Re-Operationen sparen. Denn wenn die Prothesen vor dem In-Verkehr-bringen und vor der Implantation in Menschen schärfer kontrolliert würden, wäre die Anzahl der jährlich auf den Markt kommenden fehlerhaften Produkte wesentlich geringer.

 

Dr. Josef Hochreiter verkennt Gefahr

Das EPRD ist eine Mogelpackung. Daten werden freiwillig von einigen wenigen Stellen geliefert. Zugriff auf die Erkenntnisse haben Patienten nicht.